Während und nach der letzten Gemeindevertretersitzung gab es beim Tagesordnungspunkt „Erweiterung Schauenburger KiTas – Standortfestlegung“ immer wieder Stimmen aus dem Publikum, die behaupteten es würde sich um ein „abgekartetes Spiel“ handeln, weil die Entscheidung bereits vorher gefallen sei.
In der Tat könnte man diesen Eindruck gewinnen, wenn man nicht berücksichtigt, dass die Gemeindevertretersitzung nur der Höhe- und Endpunkt eines langen Entscheidungsprozesses ist.
Im Folgenden wird anhand der Standortfestlegung zur Erweiterung der Schauenburger KiTas dieser Entscheidungsprozess exemplarisch dargestellt.
Das Thema KiTa ist seit Jahren ein Dauerthema in der Gemeinde Schauenburg. Insbesondere die ständigen Erweiterungen, um auf die steigende Anzahl der Kinder, die eine KiTa besuchen werden, reagieren zu können. Aber auch ein Ersatz für den „kleinen Bären“ ist seit Jahren im Gespräch. Die ersten Ideen auf dem Grundstück der Grundschule Elgershausen einen Ersatzneubau zu errichten sind ebenfalls Jahre alt. Diese waren aber nie spruchreif, denn dazu fehlte die endgültige Abstimmung mit dem Landkreis Kassel, dem die Grundschulimmobilie nebst Grundstück gehört. Dieser Abstimmungsprozess mit dem Landkreis konnte erst im Frühsommer abgeschlossen werden, als die Planungen für den Ausbau, bzw. Sanierung der Grundschule Elgershausen bekannt waren. Denn dieser geplante Bauprozess beeinflusst massiv die Möglichkeiten eines zukünftigen Kindergartens auf demselben Grundstück.
Nachdem alle Fakten vorlagen, konnte die Verwaltung im Sommer drei mögliche Varianten ausarbeiten und am 15. September dem Gemeindevorstand vorlegen. Zu diesem Zeitpunkt waren also zum ersten Mal konkrete Vorschläge für die Standortfestlegung in der Welt. Der Gemeindevorstand (9 Mitglieder nach dem Größenverhältnis der Parteien in der Gemeindevertretung besetzt plus Bürgermeister) hat an diesem Tag in nicht öffentlicher Sitzung über die drei Varianten beraten und für sich eine Entscheidung getroffen. Diese Entscheidung ist nicht bindend, sondern lediglich eine Empfehlung für die Gemeindevertreter.
Am 23.09. wurden die Varianten dann zum ersten Mal einem größeren Publikum im Arbeitskreis Kindertagesstätten vorgestellt. Dieser ist durch Elternbeiräte, Erziehern, Mitglieder des Gemeindevorstands und Mitglieder der Gemeindevertretung besetzt. Auch dieses Gremium hat darüber beraten und eine Entscheidung getroffen. Aber auch diese Entscheidung ist nicht bindend, sondern eine Empfehlung. Es ist kein Geheimnis, dass die Entscheidung im AK KiTa anders ausgefallen ist als später in der Gemeindevertretung. Aber dazu später mehr.
Am 28.09. traf sich der Ältestenrat, dies sind alle Fraktionsvorsitzende plus Bürgermeister und Vorsitzender der Gemeindevertretung. In dieser Sitzung werden alle Tagesordnungspunkte für die anstehende Gemeindevertretersitzung zur Vorbereitung erläutert. In dieser Sitzung werden keine Beschlüsse gefasst. Dies mündete am 01. Oktober durch die offizielle Einladung versandt durch die Verwaltung. Die Einladung enthält alle Sitzungsunterlagen und wird an die 37 Gemeindevertreter*innen verschickt. In den Sitzungsunterlagen finden sich detaillierte Informationen zu den drei möglichen Varianten. Es liegen aber in der Regel nicht mehr Informationen vor als im Arbeitskreis KiTa. Gleichzeitig werden die Tagesordnungspunkte der Gemeindevertretung im Blättchen veröffentlicht.
Im Folgenden hat jede Partei (davon gibt es in Schauenburg 5) eine eigene Fraktionssitzung abgehalten, an der die Mitglieder des Gemeindevorstands und der Gemeindevertretung der jeweiligen Partei teilnehmen und sich beraten. An dieser Stelle fließen zum ersten Mal alle Informationen aus Gemeindevorstand, AK KiTa und den Sitzungsunterlagen zusammen. Auch hier wird eine nichtbindende Entscheidung getroffen, bzw. weitergehende Fragen und mögliche Änderungsanträge formuliert.
Da die Standortfrage der KiTa Grundstücks- und baurechtliche Fragen betrifft wurde das Thema ebenfalls im nichtöffentlichen Planungsbeirat am 19.10. behandelt und man kann es erahnen es wurde wiederum eine nichtbindende Empfehlung getroffen.
Am selben Abend (19.10.) hat der Haupt- und Finanzausschuss in öffentlicher Sitzung getagt. Hieran nehmen 9 Gemeindevertreter aus allen Fraktionen teil und beraten alle Tagesordnungspunkte der Gemeindevertretung. Diese Sitzung sammelt alle zuvor getroffenen Entscheidungen in den unterschiedlichen Gremien und bewertet sie. Weiterhin werden in der Sitzung tiefergehende Fragen erläutert und Änderungsanträge eingebracht, manchmal wird auch leidenschaftlich diskutiert. Der Haupt- und Finanzausschuss dient als Vorbereitung der Gemeindevertretung und gibt zu jedem Tagesordnungspunkt eine nicht bindende Empfehlung für die drei Tage später tagende Gemeindevertretung ab.
Für die Gemeindevertretung fanden also in einem Zeitraum von fünf Wochen sechs Sitzungen (fünf nicht öffentliche und eine öffentliche) statt, die alle zur Vorbereitung dienen und jeweils nicht bindende Empfehlungen abgegeben haben. Die Standortfrage wurde zu diesem Zeitpunkt von 37 Gemeindevertretern, 9 Mitglieder des Gemeindevorstands, 19 weitere Mitglieder des Arbeitskreises KiTa und dem Bürgermeister intensiv beraten.
Aus den vorher genannten Gründen sind alle Entscheidungen, die am 22.10 in der Gemeindevertretung getroffen wurden, somit auch die Standortfrage, gründlich vorbereitet gewesen. Die Gemeindevertretung markiert das Ende eines langen Entscheidungsprozesses. Während des Prozesses können immer wieder Anregungen und Änderungen einfließen. Auch in der Gemeindevertretersitzung ist dies möglich, kommt aber eher selten vor, da wie bereits erwähnt alle Beschlüsse bereits gründlich diskutiert wurden. Die in dieser Sitzung getroffenen Entscheidungen sind im Übrigen bindend. Getroffene Entscheidungen können im Nachhinein auch nur durch die Gemeindevertretung geändert oder aufgehoben werden. Weiterhin ist die Gemeindevertretung frei in ihrer Entscheidung und muss sich an keinem vorher gefassten Entschluss in einem anderen Gremium orientieren, tut dies aber in der Regel.
Bei der Standortfrage zur KiTa-Erweiterung ist die Gemeindevertretung bewusst abgewichen zum Beschluss des AK KiTa. Dies liegt aber in der Natur der beiden Gremien. Während der AK KiTa eher eine pädagogische Entscheidung hinsichtlich der Standortfrage trifft, muss die Gemeindevertretung nicht nur die pädagogischen Aspekte berücksichtigen, sondern einen allumfassenden Blick haben. Und genau in diesem Fall haben andere Aspekte dem rein pädagogischen Anspruch entgegengestanden. Die genaue Abwägung der Argumente finden sie hier.
Somit waren allein mit der Standortfestlegung der Erweiterung der KiTas insgesamt 66 unterschiedliche Entscheidungsträger plus Verwaltung über fünf Wochen, teilweise mehrfach beschäftigt. Deshalb sind die Entscheidungen im Vorfeld der Gemeindevertretersitzung in der Regel bereits getroffen. Dies hat wie eingangs erwähnt rein gar nichts mit einem abgekarteten Spiel zu tun, sondern mit guter Vorbereitung für weitreichende Entscheidungen zum Wohle Schauenburgs.